„Erkenne dich selbst!“, forderte Sokrates uns vor über zwei Jahrtausenden auf. Doch das ist leichter gesagt als getan. – Was genau meint er damit?
In alltäglichen Dingen sind wir uns unserer Sache meist ziemlich sicher: Was jemand getan hat, war ungerecht; was jemand gesagt hat, falsch; ein bestimmtes Bild ist schön; ein Buch langweilig usw. - Kurzum, wir urteilen ständig, ohne uns dessen bewusst zu sein. Nur manchmal wird es schwierig, etwa bei Fragen nach Todesstrafe oder Sterbehilfe oder nach einem glücklichen Leben.
Solche Fragen eignen sich daher besonders, das Urteilen selbst unter die Lupe zu nehmen und sich der Grenzen der eigenen Urteilsfähigkeit bewusst zu werden – ganz im Sinne von Sokrates.
Ziel des Philosophieunterrichts ist es, das eigene Urteilsvermögen zu schärfen. Dies geschieht an zahlreichen Beispielen aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler und erfährt durch ein Eintauchen in die geheimnisvolle Welt des Sokrates und Platons ein theoretisches Fundament. Es werden Methoden eingeführt und eingeübt, die es erlauben, in den eigenen Gedanken über sich hinaus zu kommen und reflektierter, fundierter und präziser zu urteilen – eine Fähigkeit, die als Ausgangspunkt allen Handelns in vielen Lebensbereichen von Vorteil ist.
Folgende Fähigkeiten werden gezielt gefördert:
- die philosophische Dimension einer Situation, einer Äußerung, eines Artikels usw. zu erfassen
- leitende Fragestellungen zu entwickeln
- Überlegungen angemessen zum Ausdruck zu bringen (mündlich, schriftlich, gestalterisch)
- zielgerichtet und diskursiv zu argumentieren
- Positionen und Argumentationen zu analysieren und auf Plausibilität zu prüfen
- Begriffe zu analysieren und präzisieren
- vorgebrachte Argumente und Positionen zu gewichten und auf dieser Grundlage begründet Stellung zu beziehen bzw. eine eigene Lösung vorzuschlagen.
Erwartet werden die Freude am Denken und die Bereitschaft, eigene Überzeugungen kritisch zu hinterfragen. Da die Auseinandersetzung mit Argumenten vorrangig im Diskurs mit Mitschülern geschieht, sollten sich die Schülerinnen und Schüler auf die Äußerungen anderer einlassen können und sich nicht scheuen, eigene Gedanken vorzubringen. Eine Erarbeitung philosophischer Texte sollte nicht abschrecken.